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Animal Hoarding ......

 von Yukkimaus , 15.08.2007 09:46

Animal Hoarding – fehlgeleitete Tierliebe

Von Christiane von Schwind


Massenhaftes Tierleid

Das Ruhrgebiet im November 2005: Das technische Hilfswerk rückt mit dem Auftrag aus, Hunde aus einem Privathaushalt sicherzustellen. Vor Ort trauen die Männer ihren Augen nicht: 263 Hunde aller Rassen und Größen finden sich eingepfercht in dem Einfamilienhaus mit kleinem Gärtchen. Das Haus ist verschmutzt, verkotet und verwüstet. Im Garten finden die Männer Skelette von toten Hunden, die lebenden Tiere sind verwahrlost, verstört, viele unterernährt und voller Wunden. Eine Frau hatte die Hunde nach und nach gesammelt, schwierige Tiere und Notfälle. Eigentlich meinte sie es gut, wollte den Hunden helfen. Doch irgendwann verlor sie die Kontrolle, konnte die vielen Tiere nicht mehr angemessen versorgen. Trotzdem hörte sie nicht auf zu sammeln. Ein Fall von Animal Hoarding – dem krankhaften Sammeln von Tieren.

Animal Hoarding

In Deutschland noch weitgehend unbekannt, ist Animal Hoarding in Amerika bereits als Krankheit anerkannt. „Animal Hoarder“ sind Menschen, die Tiere in großer Anzahl sammeln, aber nicht angemessen versorgen (gravierende Mängel in Fütterung, Platzangebot, Pflege, Hygiene, tierärztlicher Versorgung). Wissenschaftliche Studien in Amerika haben typische Merkmale der Krankheit herausgefunden: Über 70 Prozent der Animal Hoarder sind Frauen, über 50 Prozent im Alter von 50 bis 59 Jahren. Die Betroffenen sind meist nicht in der Lage zu erkennen, in welch schlimmen Umständen sie selber und ihre Tiere leben. Häufig leugnen sie ihre Unfähigkeit, die Tiere angemessen zu versorgen. Im Gegenteil, Animal Hoarder sind meist der Ansicht, nur bei ihnen haben es die Tiere gut – selbst wenn schon Kadaver herumliegen. Sie erkennen nicht, dass die Tiere leiden, für sie ist ihre Welt völlig in Ordnung. Animal Hoarder sind oft sozial isoliert, machen zu, verschließen Fenster und Türen, bauen Mauern um ihr Grundstück, damit niemand sieht, was dahinter passiert.

Ursachen und Typen

Die Krankheit ist bisher wenig erforscht. Man vermutet als Ursache einen fehlgeleiteten Pflegetrieb und Kindheitstraumata, bei denen zum Beispiel Vernachlässigung eine Rolle spielen kann. Eines ist jedoch sicher: Es handelt sich längst nicht mehr um traurige Einzelfälle. Die Zahl der Animal Hoarder nimmt auch in Deutschland zu.

Folgende Typen werden unterschieden, wobei es viele Zwischenformen gibt:

Typ 1:

Der übertriebene Pfleger versucht sich um Tiere zu kümmern, sammelt nicht so sehr aktiv, lässt aber häufig zu, dass die Tiere sich unkontrolliert vermehren, indem er sie nicht nach Geschlechtern trennt. Alles wächst ihm über den Kopf, Probleme werden heruntergespielt, die Tiere haben einen hohen Stellenwert (manchmal höher als Menschen).

Typ 2:

Der Retter, Befreier: Die Aufnahme der Tiere versteht er als Mission. Euthanasie wird strikt abgelehnt. Er sammelt Tiere aktiv und glaubt, nur bei ihm hätten sie es gut. Er meidet Autoritäten, Weisungen werden nicht befolgt.

Typ 3:

Der Ausbeuter schafft sich Tiere ausschließlich aus eigennützigen Zwecken an, etwa zum Angeben, Repräsentieren oder aus Narzissmus. Er hat kein Schuldbewusstsein und sammelt die Tiere aktiv. Neben verschiedenen Zwischenformen gibt es den „beginnenden Hoarder“, bei dem die Tiere noch im tolerablen Zustand sind und den Züchter-Typ, der anfängt Tiere für Ausstellungen und Verkauf zu züchten und dem irgendwann alles aus dem Ruder läuft.

Was bei Animal-Hoarding-Fällen in der Regel passiert

Meist beschweren sich Nachbarn so lange, bis das Ordnungsamt den Amtsveterinär schickt, der dann Auflagen und Bußgelder verhängt oder die Tiere beschlagnahmt. Damit ist das Problem jedoch nicht gelöst, wie der Fall im Ruhrgebiet zeigt. Auch hier hatten sich Nachbarn jahrelang über Gebell und Gestank beschwert, bevor die mittlerweile 263 Hunde endlich befreit wurden. Die beschlagnahmten Hunde wurden auf Tierheime in ganz NRW verteilt, eine große Belastung für die sowieso schon überfüllten Heime. Die Hundehalterin bekam eine Tierzahlbegrenzungsauflage, das heißt, es wurde von Amts wegen festgelegt, dass sie in Zukunft nur noch eine bestimmte kleine Anzahl Hunde halten dürfe. Die Halterin hielt sich nicht daran und in kurzer Zeit mussten die Behörden erneut Dutzende von Hunden bei ihr sicherstellen. Ein weiteres Beispiel aus Amerika: In einem Haushalt von drei Frauen stießen die Behörden auf 82 lebende und 108 tote Katzen. Man beschlagnahmte die noch lebenden Tiere. Zwei Tage später fand man die Frauen bereits wieder mit sieben Katzen und zwei Hunden in einem neuen Haus.

Animal Hoarder sind Süchtige

Die Wegnahme der Tiere, Auflagen und Bußgelder alleine bringen nichts. Animal Hoarder sind Süchtige. Wird ein Fall bekannt, werden meist Amtstierärzte und Tierschützer gerufen, die sich um die Tiere kümmern. Doch auch die betroffenen Menschen brauchen unbedingt Hilfe. Studien haben gezeigt: Ohne Langzeittherapie liegt die Rückfallquote bei nahezu 100 Prozent. Deshalb muss neben dem Tierhalteverbot für Animal Hoarder, das unbedingt kontrolliert werden muss, auch therapeutische Hilfe angeboten werden.

Wann kippt Tierliebe in Tierleid?

Doch um angemessen auf die Krankheit zu reagieren, muss man sie überhaupt erst mal erkennen, und genau da liegt das Hauptproblem. Wo ist die Grenze zwischen normaler Tierhaltung und krankhaftem Sammeln? Wann kippt Tierliebe und wird zu Tierleid? Die Grenzen sind fließend. Viel häufiger als die extremen Fälle, bei denen Menschen mit hunderten von Tieren in offensichtlichem Elend leben, sind sogenannte „beginnende Hoarder“. Dies sind nicht selten Tierschützer, die es eigentlich gut meinen. Oft fängt alles ganz harmlos mit ein paar Tieren an. Nicht immer muss es in einer Katastrophe enden, doch manchmal reicht eine plötzliche Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Scheidung, und die Tiere können nicht mehr richtig versorgt werden. Wenn die Tierhalter dann nicht in der Lage sind, die Missstände zu erkennen oder zuzugeben, dass sie sich übernommen haben, wenn sie sich weigern, Tiere abzugeben und womöglich weitersammeln, wenn sie sich gegenüber ihren Mitmenschen in Schweigen hüllen und sich immer mehr abschotten, dann beginnt sehr schnell die Spirale ins Tierleid.

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Links:

http://www.tierschutzbund.de
Deutscher Tierschutzbund e.V.


http://de.wikipedia.org/wiki/Tierhortung

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