Die Rückkehr der "Big Five"
Europas größte Säugetiere zeigen sich wieder.
Auf der Wunschliste vonSafaritouristen in Afrika stehen die Big Five ganz oben: Erst wenn man Elefanten, Nashörnern, Büffel, Löwen und Leoparden möglichst Auge in Auge gegenübersteht, scheint diese Form Urlaub perfekt. In Mitteleuropa standen die Karten im Hinblick auf die hiesigen Big Five dagegen lange Zeit miserabel. So wurde mit dem Auerochsen das größte Säugetier in der historischen Zeit nicht nu hierzulande, sondern weltweit völlig ausgerottet. Und auch die heute noch lebenden Big Five Europas vom Wisent bis zum Luchs waren im 20. Jahrhundert aus Mitteleuropa praktisch verschwunden. Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts aber kehren diese Big Five langsam zurück.
Luchs
In Deutschland wurde die Katzen mit den Pinselohren wieder im Harz ausgesetzt. Eine zweite Population bildete sich im Bayerischen Wald, nachdem im angrenzenden tschechischen Böhmerwald Luchse freigelassen wurden. Dazu kommen noch einige illegale Auswilderungen. Viele dieser Tiere kommen in der Natur gut zurecht. Trotzdem stagniert die Population im Bayerischen Wald bei ungefähr einem Dutzend Tieren. Jäger scheinen den großen Katzen ihre Beute zu neiden. Dabei erwischt der Luchs vergleichsweise selten Rehe.
Elch
Der nach dem Wisent zweitgrößte der Big Five Europas tritt mit bis zu 500 Kilogramm Lebendgewicht an: der Elch.
Ein Rothirsch bringt dagegen allenfalls die Hälfte davon auf die Waage. Dieser Unterschied äußert sich auch im Appetit: Ein Elch vertilgt durchaus fingerdicke Triebe, ein Rothirsch knabbert eher an den Zweigen. Obendrein legt ein Elch auch viele Hundert Kilometer zurück, wenn ihn der Wandertrieb packt. Und so tauchen an und zu einige dieser Hirsche aus dem Nordosten in Deutschland und sogar Österreich auf.
Wisent
Wisente waren in der Natur ausgerottet, das letzte Tier wurde 1927 im Kaukasus geschossen. Einige Wildrinder haben in Zoos überlebt. Von zwölf dieser Wisente stammen alle heute lebenden Tiere dieser Art ab. 2004 gab es in Europa 31 frei lebende Herden. Nur Mitteleuropa blieb Wisent frei. Dieserzustand änderte sich mit dem 11. April 2013 als im Rothaargebierge in NRW eine Herde in einem Wald freigelassen wurde. Kein Zaun trennt Tiere von Spauiergängern. Ein Bulle dieserRinder wiegt so viel wie ein Kleinwagen. Doch Wisente gehen den Zweibeinern normalerweise aus dem Weg. Auch die Förster müssen sich um den Wald kaum sorgen. An den nachwachsenden Bäumen dürften die Tiere weit weniger Schaden als Wildschweine und Rotwild anrichten.
Wolf
Seit der letzte "deutsche" Wolf 1845 in Sachsen geschossen worden war, kamen wohl immer wieder einzelne Tiere über die Oder nach Westen. Sie wurden vermutlich alle geschossen oder fielen später dem Autoverkehr zum Opfer. Erst als mit der Wende auch im Osten Deutschlands Wölfe nicht mehr gejagt werden durften, hatten die Rückkehrer eine reelle Chance. 2000 kamen in der sächsischen Lausitz die ersten Wolfswelpen seit mehr als 150 Jahren in Deutschland zur Welt. Bis 2012 waren aus diesem ersten Rudel 18 geworden, die Nachwuchs haben. Längst leben diese wanderfreudigen Wolfsfamilien auch in Brandenburg und Sachsen-Anhalt sowie in der Lüneburger Heide. Wölfe gehen Menschen aus dem Weg. Laut einer Studie können in Deutschland daher heute noch mehr als 400 Rudel ungestört leben.
Braunbär
Bei ihrer Rückkehr sind die Big Five unterschiedlich erfolgreich. Das mag auch an dem Wanderverhalten liegen. Bei den Braunbären wandern nur die männlichen Jungtiere über größere Strecken. Vom Balkan kam so 1972 ein Tier bis nach Österreich. Ohne Weibchen, die weniger wanderfreudig sind, können solche Einzelgänger aber keine neue Population aufbauen. Ab 1989 wurden daher weitere Tiere aus Kroatien in der Nähe dieses "Ötscherbären" ausgesetzt, 35 Junge zählten Naturschützer. Doch vermutlich machen illegale Abschüsse den Nachwuchs zunichte. Dabei hatten die Bären nur wenige Schäden angerichtet.
gefunden in der WP v. 18.05.2013
von Roland Knauer